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Mallorca

Reif für die Insel?

Vogelfotografie auf Mallorca
Von Thomas Block

Mallorca ist das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen, jedes Jahr fallen Heerscharen von Pauschaltouristen auf der mit rund 110 Kilometern Länge größten Insel der Balearen ein. Doch bietet die Insel abseits von Ballermann und Sandstränden auch Attraktionen für Naturfotografen?

Diese Frage kann man eindeutig bejahen. Insbesondere S´ Albufera, der mit 1.700 Hektar größte Naturpark der Insel, ist ein lohnendes Ziel. Das in der Bucht von Alcudia gelegene Feuchtgebiet beherbergt bis zu 270 Vogelarten, die vom gut ausgebauten Wegenetz aus entdeckt werden wollen. Die Tore des Parks sind in der Zeit von April bis September täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr geöffnet, aber das Personal zeigt Verständnis für Naturfotografen, welche die frühen Morgenstunden für ihre Aufnahmen nutzen möchten. Die Parkverwaltung hat etliche Beobachtungshütten eingerichtet, von denen einige leider schon dem Verfall preisgegeben sind und nicht mehr genutzt werden können. Empfehlenswert sind in jedem Fall die nahe dem Besucherzentrum gelegenen „Bishop´s Hides I+II“, von denen sich Stelzenläufer und Regenpfeifer aus nächster Nähe beim Brutgeschäft beobachten lassen. Eine weitere Attraktion im nördlichen Teil des Parks ist eine Kolonie von Kuhreihern und Seidenreihern. Das geschäftige Treiben der Vögel ermöglicht dort gute Gelegenheiten für Flugaufnahmen. Neben dem Purpurhuhn findet man in Albufera auch einige Exemplare des Kammblässhuhns (Fulica cristata). Im April 2004 startete der Versuch, die Tiere auf den Balearen wieder anzusiedeln, mit einem Brutpaar, das im gleichen Jahr die Population mit drei Küken verstärkte. Kammblässhühner unterscheiden sich vom ebenfalls in Albufera anzutreffenden Blässhuhn (Fulica atra) im Wesentlichen durch zwei rote Höcker und eine leicht bläulich schimmernde Blässe. Sie leben zudem etwas versteckter, ließen sich aber in Albufera stets gut beobachten und ablichten.


Wenn gegen Abend langsam das Wummern der Bässe aus den dem Naturpark gegenüber liegenden Diskotheken hörbar wird, mag sich der Naturfreund wundern, die Tiere hingegen scheinen sich an diese Beschallung gewöhnt zu haben. Dies ist charakteristisch für Mallorca, vom Massentourismus in eine wunderschöne menschenleere Natur sind es oft nur einige Minuten Fußmarsch.

Beim Besuch des Parks sollte man beachten, dass die Distanzen zu den entfernter gelegenen Beobachtungspunkten zum Teil nicht unerheblich sind. So bietet es sich an, diese im Vorfeld erst mit dem Fahrrad zu erkunden, bevor die schwere Ausrüstung ergebnislos viele Kilometer weit getragen wird. Watvögel und Reiher zeigen zumeist eine geringe Scheu und lassen sich mit langen Brennweiten gut fotografieren, wobei hohes Schilf freigestellte Aufnahmen meistens erschwert. Mit etwas Glück werden Sie südlich des Parks nahe dem Wasserwerk Bienenfresser entdecken können. Die dortige sehr kleine Population der farbenprächtigen Vögel besitzt jedoch eine grosse Scheu und selbst ein am Vortag aufgebautes und noch in der morgendlichen Dunkelheit von mir bezogenes Tarnzelt wurde von den Tieren gemieden. Aber schon das Beobachten der beeindruckenden Flugmanöver bei der Jagd nach Großlibellen mit Fernglas oder Spektiv wird das Herz des Naturfreundes höher schlagen lassen.

Neben Albufera sind die Salinen in der Nähe von Campos im Süden der Insel ein weiterer interessanter Platz, um Wasservögel zu fotografieren. Millionen von Salinenkrebsen (Artemia salina) und Bakterien lassen das Wasser der Salinen in bunten Farben schillern und bieten die Nahrungsgrundlage für eine Vielzahl von Tieren. Während man hier im Winter Flamingos beobachten kann, ist das Frühjahr vom Brutgeschäft der Stelzenläufer und Rotschenkel geprägt. Im Sinne der Vögel kann man nur hoffen, dass die Salzproduktion in den Salinen weiter aufrechterhalten wird, und dieser wichtige Rastplatz für gefiederte Wintergäste vom Festland erhalten bleibt.

Aber nicht nur küstennahe Bereiche und die Salinen, sondern auch das Hinterland bietet vielfältige Möglichkeiten. Die Grundstücke der Fincas und landwirtschaftlich genutzten Flächen sind von Natursteinmauern eingerahmt, um der Erosion Einhalt zu gebieten. Auf diesen trifft man regelmäßig Rothühner und Theklalerchen an. Zumindest akustisch präsent ist sehr oft der Wiedehopf, der außerhalb der Brutzeit jedoch nicht einfach zu fotografieren ist.

 

Als wahres Paradies für Singvögel stellt sich oft das Brachland in den etwas abgelegeneren Regionen der Insel dar, und so ist eine Erkundung dieser Bereiche mit dem Mietwagen meist von fotografischem Erfolg gekrönt. Man sollte jedoch beachten, dass sich viele Areale in direkter Nähe zu den Naturschutzgebieten in Privatbesitz befinden und deshalb nur eingeschränkt zugänglich sind.

Bei meiner zweiten Reise entdeckte ich so zufällig in einem Neubaugebiet in der Bucht von Alcudia eine kleine Population von Schwarzkehlchen (Saxicola torquata), die mir von Beobachtungen im Naturschutzgebiet Wahner Heide bei Köln bestens bekannt waren. Anders als dort, wo Aufnahmen dieser lebhaften Tiere nur sehr schwer möglich sind, zeigten die Schwarzkehlchen auf Mallorca nach einigen Tagen kaum noch Scheu und ließen formatfüllende Aufnahmen aus dem als mobiles Tarnzelt genutzten Auto zu. Glücklich, endlich die Möglichkeit zu haben, diese zu Hause schon lange beobachteten Tiere ausgiebig fotografieren zu können, vergaß ich schnell mein eigentliches Anliegen, Wiedehopf und Bienenfresser auf den Chip zu bannen und widmete einige Tage ausschließlich den Schwarzkehlchen.

Die wenig besiedelte Bergregion De Tramuntana im Norden der Insel ist in jedem Fall einen Ausflug wert. Mit etwas Glück lassen sich hier Zwergadler, Eleonorenfalke und Rabengeier beobachten.


Als beste Reisezeit für die Vogelfotografie gelten auf Mallorca das Frühjahr und der Frühsommer. Aber auch der Winter mit seinem mildem Klima und den dort überwinternden Zugvögeln hat seinen Reiz. Einer der beachtlichen Vorteile an Mallorca als Reiseziel für den Naturfotografen ist die ausgezeichnete Erreichbarkeit und das recht niedrige Preisniveau der Insel. Wenn man das touristische Umfeld der Unterkunft nicht scheut, sind die bekannten Urlaubsorte in der Bucht von Alcudia, zum Beispiel C´an Picafort, sehr gute Ausgangspunkte, um die Insel mit dem Mietwagen zu erkunden. Wie mittlerweile bei fast allen innereuropäischen Flügen stellen jedoch die Gewichtsbeschränkungen des Handgepäcks und dessen strengere Kontrolle auch bei dem in Sachen Naturfotografie interessierten Mallorcareisenden ein beachtliches Problem dar. Hier gilt es, vor Reiseantritt die Beschränkungen der einzelnen Fluggesellschaften zu vergleichen. Da Mallorca auch für Golfspieler ein überaus attraktives Reiseziel ist, bieten die meisten Fluggesellschaften die kostenlose Mitnahme eines Golf-Caddys an. Somit kann der allseits beliebte „Beach Rolly“ zum Transport von Stativen, Tarnzelt und ähnlichem beim Check-In als Golf-Caddy deklariert werden.


Anders als an den bekannten Spots für die Vogelfotografie wird man in Mallorca nur höchst selten auf Gleichgesinnte treffen, hingegen ist die Insel unter Ornithologen, vornehmlich aus Großbritannien, sehr geschätzt und so kann man im Gespräch allerhand interessantes über die Vogelwelt der Balearen erfahren. Sehr empfehlenswert bei der Reisevorbereitung ist das Standardwerk „A Birdwatching Guide to Mallorca“ von Graham Hearl.

Mallorca ist ein ideales Ziel für eine kurze Fotoreise, bietet sich jedoch auch an, einen Familienurlaub mit den Interessen des Naturfotografen zu verbinden.
Wann sind Sie reif für die Insel?

 
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