… bringt spannende neue Einsichten. Luftbild, Flugfotografie, Flugzeugfotografie … es ist nicht einfach, ein griffiges Wort dafür zu finden, worum es in diesem Beitrag geht. Gemeint ist die Fotografie aus dem Flugzeug oder Helikopter heraus.
Seit einigen Jahren zieht es mich im Winter nach Südflorida, vornehmlich, um mich der dortigen Vogelwelt fotografisch zu nähern. Aber auch die ursprüngliche Landschaft der Everglades fasziniert mich seit jeher. Die bisherigen Versuche, die Faszination dieser Landschaft in Bildern auszudrücken, waren jedoch von mäßigem Erfolg, da die weiten Ebenen ohne merkliche Erhebungen fotografisch schlecht zu erfassen sind – zumindest vom Boden aus nicht. Ganz anders sieht dies aus der Luft aus – die weiten Sägegraswiesen, geteilt durch mäandernde Flüsse und Baumgruppen, wirken aus der Luft sehr beeindruckend. Wer einmal die Bilder von Yann Arthus Bertrand oder Hans Strand betracht hat, kann sich dieser Art der Fotografie „von oben“ kaum entziehen.
Da ich leidenschaftlich gerne mit kleinen Flugzeugen fliege, lag es für mich nahe, mich auch einmal mit der Fotografie aus der Höhe zu beschäftigen. Gute und umfangreiche Quellen im Internet hierzu habe ich leider nicht gefunden, schon gar nicht in deutscher Sprache. Daher möchte ich hier meine eigenen Erfahrungen und einige wichtige Hinweise, die ich von Fotografen dieses Genres zusammengetragen habe, zusammenfassen.
Maßgeblich für gelungene Fotos aus dem Flugzeug ist eine gute Vorbereitung:
Flugzeug oder Helikopter, und wenn welcher?
Bei einer Flugstunde mit einem Kleinflugzeug sollte man mit Kosten von ca. 200-250 EUR /USD rechnen, bei mehreren Fotografen können diese Kosten natürlich geteilt werden, wobei es in der Regel nur einen wirklich guten Fotoplatz im Flugzeug gibt. Bei einem Kolbenhubschrauber muss man mit ca. 1.000-1.500 EUR / USD die Stunde rechnen, bei einem turbinenbetriebenen Heli beginnt die Preisliste gar erst bei 3.000 EUR. Somit wird man schon aus Kostengründen in der Regel ein Flächenflugzeug wählen, wobei der Heli aufgrund seiner Fähigkeit, in der Luft stehen zu können, meist die bessere Fotobasis wäre. Bei der Wahl des Flugzeugtyps ist es wichtig, einen Hochdecker (also ein Flugzeug, bei dem die Tragflächen am Rumpfrücken befestigt sind) zu wählen, um eine möglichst uneingeschränkte Sicht nach unten zu gewährleisten. Die häufigsten Typen sind hier die Cessna 172 und die deutlich größere Cessna 206. Bei der kleinen Cessna 172 lässt sich das Fenster auf dem Copilotensitz während des Fluges wunderbar nach oben öffnen, bei der größeren Cessna 206 muss man hingegen in der Regel durch das Fenster fotografieren, was in der Praxis aber nur einen geringen Nachteil mit sich bringt, wenn das Fenster vorher sorgfältig gereinigt wurde und nicht zu sehr zerkratzt ist. Dies sollte mit dem Piloten im Vorfeld besprochen werden.
Auswahl des richtigen Fotoequipments
Wie man oben sehen kann, ist der Platz in den Maschinen vorne sehr beengt (besonders in der Cessna 172 links, die Aufnahmen sind mit einem 15mm Fisheye entstanden), daher sollte man nur das allernötigste mitnehmen und einen Objektivwechsel im Flugzeug möglichst vermeiden. Die Kamera sollte detailreiche und rauschfreie Aufnahmen auch bei höheren ISO-Werten liefern können, da wir bei der Fotografie aus dem Flugzeug kurze Belichtungszeiten benötigen. Ideal ist ein stabilisiertes Zoom mit dem Brennweitenbereich von 24-105mm. Als Ergänzung ist eventuell noch ein Fisheye-Objektiv denkbar. Teleobjektive mit mehr als 300 mm lassen sich in der Praxis nur sehr schwer beherrschen. Einen gescheiten Bildausschnitt bei den Vibrationen des Fliegers zu wählen, ist dann oft reine Glückssache.
Ausreichende Speicherkarten und Akkus sollten natürlich griffbereit liegen. Bitte verwenden Sie keinen Polfilter wenn Sie durch das geschlossene Fenster fotografieren, es ergeben sich unschöne Effekte bei den Acrylglasscheiben des Fliegers. Probleme mit Reflexionen der Scheiben (die in der Praxis aber selten sind) kann man vermeiden, indem man einen schwarzen Stoffbeutel nimmt, ein Loch für das Objektiv in den Boden des Beutels schneidet und die offene Seite des Beutels an der Scheibe mit Klebeband befestigt (vorher natürlich den Flugzeugführer um Erlaubnis fragen!)
Ein letzter Tipp noch: Sichern Sie Ihre Gegenlichtblende zusätzlich mit einem Streifen Klebeband am Objektiv – wenn sie durch die Vibrationen des Flugzeugs losgerappelt wird, fällt sie seeeeehr tief 🙂
Wohin und Wann?
Zwei banale Fragen? Mitnichten! Machen Sie sich im Vorfeld einen genauen Plan, was Sie fotografieren möchten, beachten Sie hierbei auch Sonnenstand und Flugrichtung. Schöne Aufnahmen des Strandes an der Westküste der USA werden Ihnen kaum gelingen, wenn Sie nachmittags mit südlichem Kurs fliegen und Sie rechts auf dem Copilotensitz sitzen 🙂
Erklären Sie dem Flugzeugführer vorher genau, welche Bilder Sie machen möchten. Vielleicht können Sie ihm ein paar Beispielbilder zeigen, damit er weiß, was genau Sie vorhaben. Die Frage nach dem „Wann“ bezieht sich auf die Uhrzeit. Als Fotograf sind Sie es gewöhnt, dass die besten Bilder frühmorgens oder abends entstehen, wenn die Sonne tief steht und die Szenerie in ein warmes Licht taucht. Bei der Luftfotografie müssen Sie hier in der Regel umdenken, zwar sind durchaus ausdrucksstarke Bilder bei tief stehender Sonne möglich, meist lenken die langen Schatten der Objekte am Boden jedoch vom Motiv ab, und so verwundert es nicht, dass namhafte Luftbildner die Zeit kurz nach Mittag für das Fotografieren empfehlen. Den unangenehmen Effekt des harten Lichts, den Sie sonst kennen, werden Sie bei der Aufnahme von oben in aller Regel nicht feststellen können. Ausreichend hell soll es zudem sein, denn wir benötigen zwingend sehr kurze Belichtungszeiten.
Die Sache mit der Luftkrankheit
Menschen, denen in Verkehrsflugzeugen oder auf Schiffen regelmäßig schlecht wird, sollten besser nicht versuchen, aus dem Flugzeug zu fotografieren, denn der permanente Blick durch den Sucher stellt das Gleichgewichtsorgan vor eine schwierige Aufgabe, und so kann es durchaus passieren, dass auch hartgesottenere Mitflieger bei dieser Situation Probleme mit ihrem Magen bekommen. Sicherlich hängt dies auch vom Flugstil Ihres Piloten ab. Derbe Buschpiloten werfen ihre Maschine gerne einmal um 45 Grad auf die Seite, während Piloten von Privatjets auf eine möglichst schonende Beförderung ihrer Passagiere bedacht sind. Deshalb vor dem Flug bitte kein opulentes Mittagessen einnehmen und zur Sicherheit eine Kotztüte einstecken 🙂 Wenn es Ihnen bei der Fotosession schlecht wird, den Blick vom Sucher nehmen, auf den Horizont schauen und tief durchatmen…
Die Vorbereitung ist nun komplett? Prima! Kommen wir nun zum praktischen Teil, dem Fotografieren im Flug:
Belichtungszeit und Blende
Selbst bei Weitwinkelaufnahmen und eingeschaltetem Bildstabilisator sollte die Belichtungszeit mindestens eine 1/500stel betragen, besser ist eine 1/1000stel, um optimal scharfe Bilder zu erreichen. Bei Teleaufnahmen kann manchmal sogar eine 1/2000stel zu lang sein. Blende 5.6 bis 8 dürfte in der Regel ausreichen, um alles auf dem Boden in der Schärfeebene zu halten und Beugungsunschärfen zu vermeiden.
Während des Flugs
In der Regel haben Sie auf dem Sitz des Copiloten ein Headset auf. Nutzen Sie dieses intensiv, um den Piloten zu instruieren! Nur so weiß er, was Sie möchten. Die Flughöhe sollte nicht zu hoch sein, um Unschärfen durch die Luftmassen zu vermeiden, aber auch nicht zu niedrig gewählt sein, damit Sie etwas mehr Zeit haben, das Motiv im Sucher zu fixieren. Rund 200 Meter Höhe dürfte meistens ein guter Kompromiss sein. Achten Sie beim Blick durch den Sucher ganz bewusst auf die Bildecken. Zumeist ist das Auge auf das eigentliche Motiv fixiert und man übersieht, dass sich Fahrwerk, Scheibenrahmen oder unerwünschte Objekte auf dem Boden in den Bildecken befinden.
Bei offenem Fenster halten Sie die Kamera immer im Flugzeuginneren. Warum? Halten Sie einmal die Hand bei 200 km/h aus dem Fenster Ihres Autos… Beim Fotografieren durch ein geschlossenes Fenster bewegen Sie die Kamera möglichst nahe an das Fenster, um Reflexionen zu vermeiden, aber keinesfalls so nahe, dass die Sonnenblende die Scheibe berührt und so die Vibrationen des Flugzeugs ungefiltert übertragen werden.
Wenn Sie diese Grundregen beachten, werden Ihnen schöne Aufnahmen aus einer völlig neuen Perspektive gelingen. Sie brauchen noch Inspiration? Dann bestellen Sie hier die DVD Die Erde von oben von Yann Arthus Bertrand.
Toller Artikel. Bestimt keine schlechte Sache, sich damit intensiver zu beschaeftigen. Werde sicher die weiteren Posts im Auge behalten.
Ein sehr guter Artikel,Thomas. Prima, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst. Schon beim Lesen bekommt man Lust, die Luftfotografie auch einmal auszuprobieren.
LG Maria
Hallo Thomas,
die Bilder sind klasse. Mal was ganz anderes und den Artikel habe ich mit Interesse gelesen.
VG Marion
Das sieht wirklich toll aus! Da mochte man am liebsten auch man in ein Flugzeug oder einen Heissluftballon steigen, um sich das Spektakel von oben anzuschauen! Gerne noch mehr solcher Bilder!